Freitag, 19. Juli 2013

Graduation MMQ23, Entrepreneur 2 und SOP 13

Letzte Woche war endlich mal wieder eine Graduation. Diesmal war auch für mich etwas besonderes, weil MMQ23 und Ent-2 "meine" Klassen waren, die ersten, die ich hier unterrichtet habe und deren Entwicklung ich das ganze Jahr über verfolgt habe. Die Feier war wie immer perfekt geplant und alle haben am Programm mitgewirkt, meine Dancing Class hatte auch einen Auftritt mit einem Zusammenschnitt aus Tango, Cha-Cha-Cha und Jive. Gleichzeitig war es auch die emotionalste Graduation. So viele weinende Schüler auf einmal habe ich noch nie gesehen. Auch ich hatte kurzzeitig nach einem Tag ohne Trinken Angst, wegen zu großen Flüssigkeitsverlusts zu dehydrieren.
Hier einige Bilder:
Selbst der Hintergrund wurde von Schülern gestaltet
MMQ 23


Meine "Verabschiedung"

Alle Kleider sind selbst designt und genäht

ein traditioneller Tanz

Herr Freier, der sich in den Ruhestand verabschiedet hat, bekam ein riesiges Porträt aus Naturfarben

Fashionshow MMQ 23

Meine Dancing Class

Entrepreneur 2 Abschiedsschmerz-Gruppenumarmung

Manis, die Designerin meines Blazers

Alle Trainer mit den Klamotten von Ent-2

Tja, und heute ist mein letzter Arbeitstag. Am Dienstag haben wir noch einen Besuch auf der deutschen Botschaft. am Mitwoch End-of-Stay-Camp in Jakarta undFarewell-Dinner im Office und dann heißt es auch schon Selamat Tinggal Indonesia!

Ramadan - Bulan Puasa

Jetzt faste ich schon seit über einer Woche und es wird tatsächlich immer einfacher. Hier ein normaler Tagesablauf:

04.00 Uhr spätestens: aufstehen und frühstücken, nachdem Mamah schon seit ca. drei gekocht hat. Viel trinken nicht vergessen. Um 04:35 müssen wir fertig sein, da darf man nicht mehr essen.
Dann noch eine halbe Stunde schlafen.
05:00 Uhr: aufstehen, duschen, ab zur Arbeit
12:00 Uhr: hmm, so langsam hätte ich mal Hunger oder zumindest Durst
16:00 Uhr: Feierabend, hoffentlich ist der Stau nicht so schlimm, dass ich rechtzeitig heimkomme
17:30 Uhr: alles ist schon auf dem Teppich vorbereitet. So richtig hungrig oder durstig bin ich zwar noch nicht, aber jetzt könnte es doch mal so langsam Zeit sein
17:54 Uhr: Der Muezzin ruft aus dem Fernseher. Fastenbrechen mit Kolak (Kürbis und Banane in süßer Kokosmilch), Kokoswasser mit Früchten und Gorengan (Frittierzeugs)
Danach: "Also wenn du jetzt essen willst, dann iss schonmal!"
19:00 Uhr: auf in die Moschee zum Shalat Tarawih. Das ist ein Gebet, das ca. viermal so lang ist wie ein normales
21:00 Uhr: eigentlich meine Bettzeit, aber erst essen wir. Also "richtiges" Essen mit Reis. Und natürlich muss ich meine Flüssigkeitsreserven auffüllen
21:30 Uhr: mit einem vollen Bauch ab ins Bett.

Insgesamt ist nicht das Essen oder Trinken das Problem, sondern vor allem der Schlafentzug.

Donnerstag, 11. Juli 2013

Religionsfreiheit. Oder so.

Eigentlich hatte ich vor, heute einen Bericht über den typischen Tagesablauf im Ramadan zu schreiben. Wird auch noch nachgeliefert, versprochen. Aber gestern hatte ich ein Gespräch, das mich sehr beschäftigt hat.
Indonesien ist seit noch nicht allzu langer Zeit ein demokratischer Staat und die Vielzahl an Religionen setzt ein hohes Maß an gegenseitiger Toleranz voraus. Im Alltag hatte ich immer das Gefühl, dass das Zusammenleben auch ziemlich gut funktioniert. In IGTC gibt es ja auch viele Christen und Hindus, auch wenn ich die genauen Zahlen nicht weiß. Auf jeden Fall habe ich nie mitbekommen, dass irgendjemand wegen seiner Religion angefeindet wurde.
Allerdings ist nicht alles so toll. Am 30. Mai 2013 bekam Präsident Susilo Bambang Yudhoyono von der amerikanischen interreligiösen Stiftung Appeal of Conscience Foundation den World Statesman Award verliehen. Viele Bürger sind der Meinung, den habe er nicht verdient, weil er nichts tue, um die verfassungsmäßig vorgeschriebene Religionsfreiheit zu sichern. Extremisten verüben Morde an Schiiten und Mitgliedern der Ahmadiyya-Gemeinschaft, und auch die Christen haben es nicht immer leicht. Interessanterweise habe ich erstmals auf einer Seite der Bundeszentrale für politische Bildung gelesen, wie die Kirche GKI Yasmin von den Autoritäten geschlossen wurde. Dann fiel mir auf: Yasmin? Die Kirche ist bei mir im Wohngebiet! Gestern kam ich zufällig mit einem Kollegen darauf zu sprechen, der Mitglied ebendieser Kirche ist. Schon seit Jahren kämpft die Gemeinde darum, ihre Gottesdienste halten zu dürfen, sie haben auch schon vor sämtlichen Instanzen der Justiz Recht bekommen, aber ausgeführt werden die Urteile nicht. Sie haben sich auch an den Präsidenten gewandt, ohne Erfolg. Pak Gunanto sagt: "Wir haben sogar eure Angela schon darüber informiert." Na, Merkel hatte keine Zeit, sich damit auseinanderzusetzen bei ihrem Besuch hier, sie war zu beschäftigt, dem Präsidenten Panzer zu verkaufen.
Ich möchte mich nicht den Leuten anschließen, welche die Christenverfolgung in einigen Ländern der Welt zum Vorwand nehmen, den Islam an sich schlechtzureden. Ich kritisiere nicht die Religion oder die Muslime generell, ich kritisiere die Regierung, die es nicht schafft, Menschenrechte zu garantieren.
Die Menschen, die ich hier kennengelernt habe, würden diese Diskriminierung ihrer Landsleute nicht unterstützen.

Mittwoch, 10. Juli 2013

Der Mond, der verrückte

So, heute ist nun der erste Fastentag, nachdem die letzten Tage der Mond einige Verwirrung gestiftet hat. Weil das Fasten erst beginnt, nachdem der neue Mond erstmals am Horizont gesichtet wurde, ist das ja nicht ganz sicher. Ursprünglich hieß es am Montag, am Montag hieß es Dienstag und am Montagabend hat dann die Regierung Mittwoch beschlossen, weil der Mond noch ein Grad unter (?) dem Horizont war. Das hat nicht nur die Indonesier irritiert, in Frankreich mussten viele Muslime ihr Fasten noch einmal abbrechen, weil sie versehentlich zu früh angefangen hatten und dann der Conseil français du culte musulman plötzlich beschlossen hat, ätsch, wir fangen doch erst morgen an:
http://www.lemonde.fr/societe/article/2013/07/09/le-ramadan-commencera-en-france-mercredi-et-non-pas-mardi_3444849_3224.html

Montag, 8. Juli 2013

Noch drei Wochen

Tut mir leid, ich muss es sagen. Hach, wie die Zeit vergeht! Ich habe schon lange nicht mehr richtig geschrieben, weil ich einfach keine Zeit hatte. Und jetzt geht es tatsächlich in weniger als drei Wochen wieder nach Deutschland. Komisch.

Hier die Kurzzusammenfassung, was so in den letzten Wochen (Monaten?) passiert ist:
Nicht viel.
Na ja, eigentlich schon eine ganze Menge, aber das Meiste war eben Alltag. Anfang Juni waren Britta, Laura, Mathias und ich in Malang (Ostjava), wo wir die anderen Freiwilligen besucht haben. Es war schön, alle mal wieder zu sehen, das letzte Mal haben wir uns in Singapur getroffen. Die Highlights der Reise: 15 Stunden Zugfahrt hin, ein um 4 Stunden verspäteter Flug zurück (Merpati ist als Fluggesellschaft nicht zu empfehlen, einen Tag nachdem wir wieder zu Hause waren, ist ein Merpati-Flugzeug abgestürzt). Bromo, eigentlich der spektakulärste Vulkan Indonesiens, berühmt für seine Sonnenaufgänge, im Regen bei gefühlten Minusgraden morgens um drei. Mittags war es dann aber ganz schön.
Egal, wir hatten trotzdem eine Menge Spaß.
Ansonsten war ich ganz ordentlich beschäftigt. Die letzten Wochen bin ich beinahe in Stress gekommen, so viele Stunden hatte ich. Ich habe drei Klassen unterrichtet, je zwei bis drei Unterrichtsstunden pro Woche und zusätzlich die Lehrer in Englisch und Deutsch. Ich muss gestehen, Englisch zu unterrichten ist einfacher. Vor allem habe ich eine ganz verrückte Kollegin, die mit dem größten Eifer Grammatik lernt.
Letzte Woche wollte ich eigentlich mit Leonie nach Banten, wo sie in einem Englischcamp in einem muslimischen Internat unterrichtet hat. Blöderweise waren an den Tagen bei uns gerade Pre-Production-Meetings, die Abschlussprüfung für MMQ23. Wie der Name schon sagt, ist das die Konferenz, bevor die Bestellung in Produktion geht. Der Merchandiser stellt das Kleidungsstück vor unter Nennung sämtlicher Garne und Reißverschlüsse und Knöpfe usw., der Buyer QC kritisiert daran herum, der Factory QC versucht, sich zu rechtfertigen und eine Lösung zu finden, der Production Manager erklärt den Zeitplan, die erwarteten Outputs pro Tag usw. Das Ganze geht 45 Minuten, danach wird das ganze Rollenspiel von den vier anwesenden Trainern verrissen. Da fehlt ein Brustabnäher auf dem Bild, euer Worksheet ist nicht lesbar, das Carelabel ist einen Millimeter zu weit links und überhaupt, euer Produktionsplan stimmt ja gar nicht. Dienstags fährt doch gar kein Schiff. Ich sollte dabei eigentlich das Englisch bewerten, allerdings war spätestens bei der dritten Gruppe miene Konzentration dermaßen verpufft, dass ich Mühe hatte, die Augen aufzuhalten, während die Anderen sich die Fachtermini um die Ohren schlugen. Natürlich kann man die Klasse jetzt nicht mehr unterrichten, das ist, als hätte man uns nach dem mündlichen Abi noch in die Schule gezwungen.
Außerdem war ich vor allem letzte Woche noch fleißig mit meiner Dancing Class beschäftigt, um sie auf ihren Auftritt bei der Graduation nächsten Freitag vorzubreiten. Ich habe eine sehr motivierte Truppe von sechs SchülerInnen, die das Fehlen der ursprünglich ca. 40 Leute, die sich angemeldet hatten, wettmachen.

Und dann steht ja auch noch der andere Höhepunkt an: Ramadhan, der bulan puasa (Fastenmonat), der vermutlich morgen beginnt. Da ist man sich nicht ganz einig, Al-Qur'an (ich kann nicht mehr Koran sagen, das heißt auf Indonesisch Zeitung, warum auch immer) sagt, wenn man den Mond am Horizont auftauchen sieht, ist am nächsten Tag der Erste des Monats. Wenn nicht, muss man halt noch einen Tag warten. Weil das je nach Wetterlage etwas ungenau ist, und man gerne planen würde, sind manche Muslime dazu übergegangen, den Monatsanfang zu berechnen und auf technischem Wege zu ermitteln. Die Konservativen lehnen das aber ab. Deswegen warten wir jetzt, was die Regierung beschließt. Vielleicht fasten wir ab morgen, vielleicht aber auch erst übermorgen.
Ich freue mich total aufs Fasten, nicht, weil ich unbedingt nichts essen und trinken will, sondern weil es ein wichtiges Familienereignis ist. Ramadan ist die einzige Zeit im Jahr, in der unsere ganze Familie zusammen isst. Allerdings finde ich es wirklich schade, dass ich an Idul Fitri nicht mehr da bin. Obwohl ich auf die zwölf Stunden Stau nach Sukabumi zur Familie (normal zwei Stunden) eigentlich ganz gut verzichten kann.
Ein ausführlicher Ramadan-Lagebericht kommt im Laufe der Woche.

Donnerstag, 13. Juni 2013

Wie lange höre ich eigentlich den Brotmann schon nicht mehr? Beziehungsweise die Brotmänner. Das ist typisch indonesisch, dass die Straßenhändler nicht nur an einer Stelle stehen, sondern auch durch die Wohngebiete laufen. Damit man sie im Haus auch hört, müssen sie allerdings Lärm machen. Da hat man beispielsweise abends "Bakso Malang, Bakso Malang!" (Bakso sind Fleischbällchen) oder verschiedene Klingeln, ein typisches Geräusch für jedes Essen. Morgens ab halb sechs fahren die Brotverkäufer (kein richtiges Brot) auch ihren Motorrädern vorbei: "Roti, roti!"; "Sari roti, roti sari roti!" und noch mindestens drei andere, jeder mit einer nervigen Melodie.
Aber seltsamerweise höre ich selbst die nicht mehr. Ich schlafe einfach durch. Den Muezzin habe ich ja schon nach zwei Wochen nicht mehr morgens um halb fünf rufen gehört. Ich konnte ja schon immer bei jedem Lärm einschlafen, aber morgens war ich immer empfindlich. Jetzt scheine ich abgehärtet zu sein. Ausgerechnet jetzt, da es in sechs Wochen wieder zurückgeht in die Straße, in welcher der einzige Lärm von Rasenmähern stammt.

Montag, 20. Mai 2013

Prüfung...Aaaah!!

In einer halben Stunde beginnt der Semestertest für MMQ25 und ich bin wieder Supervisor bei der Präsentationsprüfung. Im Prinzip ist das ja ganz interessant und macht auch Spaß. Leider habe ich gestern erfahren, dass ich zusammen mit meinem Englischkollegen eingeteilt bin. Das heißt, wir haben keinen MMQ Trainer in unserer Gruppe. Also mussten wir uns schnell noch die Fachkenntnisse aneignen, normal sind wir nur für die Sprachkenntnisse zuständig. Jetzt versuche ich, so zu tun als hätte ich Ahnung von Themen wie Washing, Woven Fabrics, Knitted Fabrics, Sewing Accessories usw. Hoffentlich machen die Schüler keine Fehler, ich habe Angst, dass ich das nicht merke. Und hoffentlich kommt Flat Knit dran, das ist wenigstens interessant. Ich will nicht, dass mir schon wieder jemand sämtliche Sorten von Reißverschlüssen herbeten muss. Das sind nämlich ganz schön viele...

Freitag, 17. Mai 2013

Klassencharaktere


Mal wieder Neuigkeiten aus dem Lehreralltag: Ich hab doch mal die Evaluation mit MMQ23 gemacht, wo rauskam, dass ich unfreundlich bin und mein Unterricht langweilig ist. Die selben Fragen hab ich gestern MMQ25 gestellt. Hier eine Auswahl der Kommentare:

"I am very interested with your teaching way, not too serious but not too bored. If we got tired, you always gave motivations. Thank you Rosa. :-) Happy."
"Please never forget us. Rosa, you can motivate me. Because you are very smart (for me). Thank you Rosa for your knowledge give us."
"If you teaching, I like your style during teach your trainee. I will miss you if you come back to your country. Don't forget us!!!"
"I hope I can be like you. Full of spirit and vegetarian. (Smart and friendly also)"
"Ms.Rosa teach us very well, nice, but sometime you became scary when you've got angry"
"Please, always stay with us"

Hach, ich liebe diese Klasse <3 Natürlich kamen auch Kommentare, dass ich zu schnell rede und dass es manchmal langweilig ist. Langeweile lässt sich nicht vermeiden und schnell reden ist leider mein großes Problem. Aber es ist glaube ich besser als am Anfang. Allerdings würde ich mich gerne mal angry erleben. Ich glaube, ich kann ganz schön einschüchternd wirken.

Jetzt ist es schwer zu sagen, woran dieser riesige Unterschied liegt. Bestimmt habe ich auch eine Menge dazugelernt. Zum Beispiel nehme ich es nicht mehr persönlich, wenn die Schüler schlafen, weil es die letzte Stunde ist. Aber es liegt auch an der Klasse. MMQ25 ist irgendwie motivierter und sympathischer. Da sind so ein paar extrem enthusiastische Leute drin, die auch meine Motivation leichter aufrechterhalten.
Wahnsinn, wie unterschiedlich ganze Klassen sein können.

Endspurt


Jetzt befinde ich mich in den letzten drei Monaten, also quasi auf der Zielgeraden. Wenn die so schnell vorbeigehen wie die ersten drei, bin ich ruckzuck wieder zuhause. Das ist ein ganz komisches Gefühl, so ständig das Ende vor Augen zu haben. Einerseits freue ich mich auf zuhause, weil dann gleich wieder etwas Neues anfängt mit Wohnungssuche und  Studium und so weiter. Und dann bekomme ich plötzlich wieder Panik, weil ich noch so viele Dinge nicht gemacht, gekocht oder probiert habe.

Die Zeit ist jetzt auch schon sehr vollgestopft. Letzten Donnerstag war ja Himmelfahrt mit Brückentag, war ich mit meinen Schwestern nach Kalimantan, wieder einmal zum Schnorcheln. Im Juni wollen wir mit der Familie zum Bromo (Vulkan in Ostjava). Das könnte ich theoretisch gleich mit einem Besuch bei den anderen Freiwilligen in Malang verbinden, die wollen wir im Juni nämlich auch noch besuchen. Alle Reisen müssen blöderweise vor Juli ein, weil im Juli der Fastenmonat Ramadhan anfängt. Das ist auch eine Zeit, auf die ich mich schon freue, das wird sicher eine sehr interessante Erfahrung. Ich hoffe nur, dass sich da meine Arbeitszeiten ändern, sonst bin ich nicht um sechs zum Fastenbrechen zu Hause. Idul Fitri erlebe ich hier ja leider nicht mehr mit, das ist am 8./9. August. Ich fliege ja schon am 25. Juli heim. Das ist schade, dann sehe ich Niki gar nicht mehr.

Jetzt habe ich schon wieder zu viel von Urlaub geredet. Man könnte meinen, ich sei ständig im Urlaub. Das stimmt so nicht ganz, bei der Arbeit gibt es nur nicht immer so viel zu erzählen.
Im IGTC herrscht jetzt auch gerade eine große Aufbruchsstimmung: Mitte Juli sind zwei Klassen fertig, Entrepreneur 2 und MMQ 23, quasi ‚meine’ beiden Klassen, die habe ich das ganze Jahr begleitet, MMQ 23 war lange Zeit meine einzige Englischklasse. ENT 3 haben schon ihr Final Project begonnen, jeder Schüler muss einem Trainer einen Blazer und einen Rock bzw. eine Hose und ein Jackett nähen. Als Stoffe sind traditionelle indonesische Stoffe vorgegeben, mein Blazer hat ein ziemlich extravagantes Violett. Jetzt haben wir ständig Fittings im Lehrerzimmer, dauernd wird irgendjemand vermessen oder muss etwas anprobieren.
MMQ 23 hingegen bereitet sich auf die Jobsuche/-vermittlung vor, die jetzt beginnt. Fleißig werden Lebensläufe geschrieben und Bewerbungsgespräche geübt. Ich weiß ja nicht, wie das alles abläuft, aber da wir ja 100% Erfolgsquote bei der Arbeitsplatzsuche haben, vermute ich, dass das Meiste über Beziehungen der Trainer zu ihren alten Arbeitgebern läuft. Auf jeden Fall sind alle sehr aufgeregt.
MMQ 25, PPD 5 und PMF 17 hingegen haben jetzt Halbzeit, nächste Woche ist Semestertest. Das wird wieder ein Spaß, ich mag Prüfer sein irgendwie (höhö, das klingt fies J ). Nein, wirklich, weil ich ja nur für die Benotung des Englischs zuständig bin, lerne ich in den Präsentationen inhaltlich ziemlich viel.
Meine sonstige Arbeit ist ziemlich alltäglich, ich bereite Stunden vor und halte Stunden und wenn ich nichts zu tun habe, finde ich auch eine Beschäftigung. Ich weiß nicht, ob ich es schon geschrieben habe, aber seit der zweiten Halbzeit habe ich auch endlich mehr Klassen, und ehrlich gesagt macht es mehr Spaß, MMQ 25 zu unterrichten als MMQ23. In einer Woche hatte ich mal einen Rekord von sechs Slots (90 min), Additionals nicht mitgerechnet. Das war fast schon stressig, zumal zwei Slots davon Motivationsvorträge über meine Fechtkarriere waren, einer davon auf Indonesisch. Jetzt ist es wieder weniger, weil MMQ 23 nicht so viel General English hat und weil jetzt immer auch eine der Praktikantinnen unterrichtet.
Das Unterrichten läuft ganz gut, ich hab fast schon Routine. Inzwischen macht meine Arbeit richtig Spaß. Manchmal denke ich, es wäre schon schön, Lehrer zu werden, aber mein ganzes Leben will ich das nicht machen und in Deutschland erst recht nicht.
Meine Tanzklasse ist auch fleißig, ich habe jetzt eine kleine, aber motivierte Gruppe von ca. 10 Leuten, die immer kommen und sogar fragen, wenn ich mal nicht da bin. Auch da bereiten wir uns auf die Graduation im Juli vor, auf Auftritte sind die ja ganz wild. Ich darf jetzt eine Choreographie zusammenstellen, das wird gar nicht so einfach. Vermutlich ein Zusammenschnitt aus Tango, Walzer, Rumba, Disco Fox und Cha-Cha-Cha. Jeweils die Grundschritte. Im Irish Dancing haben manche meiner Mädels sich zwar auch nicht ganz unbegabt gezeigt, aber das ist für einen Auftritt mitten im Ramadhan zu viel Gehüpfe.

Neulich war auch wieder Factory Visit, was mich wieder einmal in meiner Abneigung zum Klamottenkauf bestärkt hat. Die Arbeitsbedingungen sind hier zwar nicht so schlimm wie in Bangladesch beispielsweise, aber manche Dinge schockieren dann doch. Die Fabrik mit den leeren Erste-Hilfe-Kästen, die immer nur nachgefüllt werden, wenn der Kunde einen Besuch abstattet, die Wäscherei ohne Abwasseraufbereitung, deren Abwässer teils interessante Farben haben, die Arbeiter, welche die Jeans mit Farbe und Chemikalien besprühen und dabei nur einen Mundschutz aus Baumwolle tragen. Dieser Sprühprozess findet draußen an der frischen Luft statt, auch hier natürlich geht das Abwasser einfach ins Gras. Und weil das alles ja so ungesund ist, bekommen die Arbeiter zusätzlich zum Trinkwasserspender großzügigerweise auch noch Milch, weil Milch ja so gesund ist.

Insgesamt kann man sagen, dass ich mich jetzt sehr wohl fühle im IGTC und auch über kleine Unorganisiertheiten oder Planungsprobleme kann ich hinwegsehen. Es läuft nicht alles perfekt hier, aber ist es ein gutes Projekt. Wie Mr. Hans es neulich ausgedrückt hat: „Man muss hier einfach auf der Welle reiten und das Chaos ertragen.“

Donnerstag, 2. Mai 2013

Familienzusammenführung oder: Ich als Touristenführer


Lange herbeigesehnt und dann doch schnell vorbei: Gerade waren für drei Wochen meine Eltern zu Besuch bei mir in Indonesien.
Erstmal gingen der Ankunft viele Wochen der Planung voraus, mit unzähligen E-Mails über alles mögliche, von Zeitplanung über Kleidung und Gastgeschenke bis zum Verhalten am Flughafen in Jakarta (Arrival Card nicht vergessen, Taxifahrer ablehnen etc.). Auch in meiner Gastfamilie war die Aufregung groß. Was essen sie? (Alles, nur nicht zu scharf), Wo schlafen sie? (In Pipits Zimmer, Mamah sagt auf keinen Fall im Hotel, natürlich ist das keine zu große Belastung), Wie kommen sie nach Bogor? (Hafiz nimmt sich frei um sie abzuholen)
Ich persönlich hatte ein wenig Bedenken. Wie würde es werden, sich plötzlich nach sieben Monaten wiederzusehen? Würde ich Heimweh bekommen? Würde es komisch sein, plötzlich zwei Familien zu haben? Würden sich meine beiden Familien verstehen? Aber dann stellten sich alle diese Bedenken als völlig unbegründet heraus. Irgendwie war es ganz normal, dass meine Eltern plötzlich in Indonesien waren.
Die erste Woche wollten wir zusammen in Bogor verbringen, weil meine Gasteltern und Pipit leider erst später von ihrer Reise nach Mekka zurückkamen. Am Dienstag nach Ostern kamen die Beiden also nachmittags in Jakarta an. Für den Mittwoch hatten Meidy und ich uns freigenommen, es stand die Bogor-Tour auf dem Plan, mit der Einführung „Wie fahre ich Angkot bzw. Bus? Was ist ein Kaki Lima? Wo kaufe ich in Bogor billige Kleidung? Was tragen indonesische Hausfrauen? usw.“ und dem Vormittag im Botanischen Garten (so ziemlich die einzige Attraktion Bogors, aber dafür macht er schon was her).
Meidy, Mama und ich im botanischen Garten
Blutender Baum im botanischen Garten

Donnerstag und Freitag musste ich arbeiten, also haben die Eltern ihre Abenteuer ohne mich mit Meidy und Hafiz erlebt, u. a. die Wanderung zum Krater von Mount Salak im strömenden Regen (Wasser bis zur Hüfte) und der Besuch der großen Moschee in Jakarta. Und natürlich wollten sie auch meine Arbeitsstelle besuchen und mich beim Unterrichten sehen.


Patschnass am Krater des Salak
Ein seltener Anblick: kein Smog in Jakarta; Blick von Monas (Monumen Nasional)
Auf diese Trommel (in der großen Moschee in JKT) hat schon Angela Merkel geschlagen!
Am Sonntag kamen dann endlich Mamah, Bapak und Pipit nach Hause und es stellte sich heraus, dass alle Sorgen unbegründet waren. Irgendwie stimmte die Chemie und wir waren uns alle einig: Es fühlt sich an als kennen wir uns alle schon ewig.
Im sundanesischen Restaurant; von vorne links im Uhrzeigersinn: Bapak, Papa, Ka Hafiz, Mamah, Ka Meidy, ich, Ka Pipit, Mama, Ka Nuni, Yuli
Vater versucht sich am Gongschmieden
Die folgende Woche hatte ich frei, und bis Mittwoch waren wir mit der Familie unterwegs. Besucht haben wir u.a. noch einen botanischen Garten in den Puncak- Bergen (20°C, ich habe gefroren, Mama und Papa fanden es warm), eine Gongfabrik, einen Kratersee und Teeplantagen bei Bandung, und den Markt in Bogor, inklusive Kochkurs mit Mamah.
Gongfabrik

Kawah Putih, ein Kratersee bei Bandung, mit Nuni und Bapak

Teeplantagen bei Bandung

Markt mit Mamah
Danach sind wir zu dritt mit dem Zug nach Yogyakarta (Zentraljava) gefahren, um das Pflicht-Touristenprogramm abzuarbeiten: Die Tempel Borobudur und Prambanan, Wahrzeichen Indonesiens, und Batik-Shoppen in einer der Batik-Hauptstädte Indonesiens. Mir kam wieder die Aufgabe zu, mit den Straßenhändlern und Becak-Fahrern (Fahrradrikschas) zu verhandeln, was mir Riesenspaß gemacht hat. Wenn man sich mal ans Feilschen gewöhnt hat, macht das fast süchtig.
Handgemalte Batik
Becak
Borobudur
Prambanan

Gamelan-Orchester im Sultanspalast in Yogya

Wir drei im Sultanspalast

Nach den drei Tagen Yogya musste ich wieder zurück zur Arbeit, Mama und Papa sind nach Bali weitergeflogen. Indonesienurlaub ohne Bali geht dann doch nicht. Das letzte Wochenende haben sie dann nochmal bei uns in Bogor verbracht, bevor sie Sonntagnacht von Jakarta aus zurückgeflogen sind.

Natürlich haben wir in der Zeit auch sehr viel verschiedenes Essen ausprobiert, alle meine Lieblingsspeisen: Bubur Ayam (Reisporridge mit Huhn, für mich ohne), Soto Ayam (auch ohne Ayam), Rendang, Gorengan, Martabak, Tempe in allen Variationen, und natürlich alle Obstsorten. Ich verspreche, nochmal eine Fotostrecke über Essen zu machen. Wir haben beim Kaki Lima gegessen, in typisch Sundanesischen Restaurants und auf Strohmatten auf der Straße. Das war auch für mich neu: Weil Yogyakarta eine Studentenstadt ist, gibt es dort viel Nasi Kucing, „Katzenreis“. Das ist eine Reisportion mit einem winzigen Löffel voll Beilage, für umgerechnet 20 Cent, weil Studenten ja sparen müssen. Bules sieht man an solchen Plätzen keine, normale Touristen würden sich vermutlich nicht trauen, auf der Straße zu essen. Da verpassen sie ganz schön viel.
Nasi Kucing

Manchmal war es witzig mit der Verständigung. Weil Mamah ja kein Englisch kann, musste ich immer die Unterhaltungen zwischen Mama und Mamah übersetzen. Das konnte auch mal ziemlich lange dauern. Sonstige Unterhaltungen liefen in einem Gemisch aus Englisch, Deutsch und Indonesisch ab, sodass man nie ganz den Durchblick hatte, wer gerade dem Gespräch folgen konnte und wer nicht. Das führte besonders bei Planungen oft für Verwirrungen bei Mama und Papa, weil ich vergessen hatte, den aktuellen Stand zu übersetzen. Und dann kam natürlich Verwirrung bei den Namen auf: „Mama! Nein, ich meine die andere!“. Bei Papa und Bapak ging das ein bisschen besser.

Insgesamt waren meine Eltern der Meinung, es habe sich weniger wie eine Urlaubsreise angefühlt und mehr wie ein großes Familientreffen. Meiner indonesischen Familie und mir ging es da nicht anders. Irgendwie war es ganz normal, dass sie allen da waren. Und jetzt hoffen wir natürlich, dass das nächste Familientreffen in Deutschland stattfindet. Jetzt, wo meine deutschen Eltern mein indonesisches Leben kennen gelernt haben, müssen meine indonesischen Eltern auch mein deutsches Leben kennenlernen. Hoffentlich nicht erst, wenn ich heirate.
Mamah hatte ein bisschen Angst, dass ich zu traurig bin, wenn meine Eltern wieder abfahren und dass ich dann auch direkt nach Hause will. Aber ich glaube, die anderen waren teilweise trauriger als ich. Schließlich weiß ich, dass wir uns schon in drei Monaten wiedersehen werden. Ich genieße jetzt die letzten Monate noch hier mit meiner indonesischen Familie.

Mittwoch, 20. März 2013

Ketupat - Session

Ketupat ist gepresster Reis, der in geflochtenen Kokospalmenblättern gekocht wird. Das heißt, man kocht ihn so lange bis er Matsch ist und weil er sich in dem Gefäß nicht ausdehnen kann, wird er zusammengepresst. Das Ganze hat dann eine leicht gummiartige Konsistenz und wird zusammen mit Gemüse gegessen. 
Normalerweise kaufen wir Ketupat, weil das Flechten ein bisschen aufwändig ist. Aber letzten Sonntag wollten wir es doch mal lernen. Wenn man es mal raushat, ist es gar nicht mehr so schwer. 




Geschafft!
kleine Kunstwerke, schade, dass man sie zum Essen aufschneiden muss

Die fertigen Formen werden mit Reiskörnern gefüllt

Das Ergebnis: lecker!

Mittwoch, 13. März 2013

"Oh mein Gott die haben Gehwege!"


Und ich muss es nochmal sagen: Hach, wie die Zeit vergeht. Jetzt ist es auch schon wieder eine Woche her, dass ich aus Malaysia zurückgekommen bin. Und vor sechs Monaten und einer Woche hat mein Indonesien-Abenteuer angefangen.
Auf jeden Fall mussten wir nach 180 Tagen das Land verlassen und ein neues Visum beantragen. Also sind wir Bogor-Leute (Ruben, Laura, Tina, Britta und ich) zusammen mit Mathias aus Jakarta gemeinsam nach Kuala Lumpur geflogen. Dort trafen wir dann mit den Malang-Leuten zusammen, also Jenny, Leonie und Flo. Wir waren super untergebracht in einer gemütlichen und zentral gelegenen Jugendherberge, direkt in Chinatown. Mit dem Visum gab es überhaupt keine Probleme, am Montag die Dokumente abgeben und nochmal 40€ zahlen, am Dienstag die Pässe abholen. Dienstagnacht sind wir weiter nach Penang gefahren, um andere deutsche Freiwillige zu besuchen. Georgetown ist eine sehr schöne Stadt zum einfach nur herumlaufen. In Malaysia geht das nämlich, es ist unglaublich, wie enthusiastisch man allein durch das Vorhandensein von Dingen wie Gehwegen oder Mülleimern werden kann. In Georgetown haben wir sogar einen Fahrradweg entdeckt!

Meine Malaysia-Highlights:
-       Die Gehwege!!
-       Es ist sauberer
-       Es gibt weniger Stau, nur zu Stoßzeiten, wie in normalen Großstädten eben
-       Der Kulturmix, es gibt viele Chinesen und viele Inder, dadurch natürlich auch eine größere Religionsvielfalt, viele schöne Tempel und Moscheen (auch Kirchen, aber die sind weniger interessant)
-       Meterhohe Räucherstäbchen vor einem Tempel
-       Little India, besonders Klamotten, Schmuck und vor allem Essen. Ich habe mich fast die ganze Woche nur von Chapati ernährt.
-       Street Art in Georgetown

Malaysia-Nachteile:
-       Es ist teurer (1€ für die U-Bahn und 3€ für ein Essen, ja spinnen die denn?!)
-       Die Taxifahrer sind unfreundlich. Einer wollte partout sein Taxameter nicht einschalten, und als ich darauf bestanden habe, weil er das Dreifache des eigentlichen Preises verlangt hat, wurde er ausfällig und hat mich rausgeworfen.
-       Die Busfahrer auch. Siehe weiter unten.
-       Die Freiwilligen wohnen nicht in Gastfamilien, sondern entweder im Projekt oder in WGs. Den Meisten ist das ganz recht, aber ich bin im Nachhinein froh, dass ich nicht dahin gekommen bin. Ich wohne lieber in einer Gastfamilie, da kriegt man auch mehr mit.

Drachentanz in Chinatown

Gebäude in KL, vorne ist glaube ich das Ministerium für Kommunikation

Gegensätze in KL


Fachwerkhäuser? Juhu, ich bin zu Hause!

Street Art in Penang

Petronas Towers in KL

Ein Wald mitten in der Stadt!

Unser aller Lieblingsplatz



Meterhohe Räucherstäbchen








Hindutempel

Der Beweis!


Am Wochenende sind wir dann noch spontan nach Singapur gefahren, von Penang aus zehn Stunden über Nacht. Das wäre ja alles wunderbar gewesen und unser Reisebus war wirklich toll, hätten wir nicht an der Immigration etwas länger gebraucht. Als wir fertig waren, war unser Bus weg und wir durften morgens um sechs mit dem ÖPNV von der Grenze zu unserem Hostel fahren.
Singapur ist ein kleiner Schock, wenn man Jakarta gewöhnt ist. In der „Fine City“ ist es geschleckt sauber, aber es ist ja auch alles verboten, und überall hängen Überwachungskameras. Plötzlich sieht man überall Reichtum, und Menschen mit schockierend kurzer Kleidung. Länger als ein Wochenende kann man sich da nicht aufhalten, alles ist viel zu teuer. Aber es ist auf jeden Fall einen Besuch wert, allein die Skyline in der Marina Bay bei Nacht. Wir hatten auch das unglaubliche Glück, dass vor dieser wunderbaren Kulisse am Wochenende jeden Abend kostenlose Konzerte von lokalen Bands stattfinden, in unserem Fall Ska- und Reggaebands. Gute Musik in großartiger Atmosphäre.


Nur eine von vielen Kameras

Fahrräder mit Parkkralle?


Die Reise hat mir wirklich gut getan, es war gut, einfach mal rauszukommen und noch einmal Zeit mit den anderen Freiwilligen zu verbringen. Aber ich war auch froh, wieder heimzukommen nach Bogor.
Jetzt kann ich wieder mit frischer Energie in meine Arbeit starten, die zweite Halbzeit wird noch besser als die erste.