Jetzt befinde ich mich in
den letzten drei Monaten, also quasi auf der Zielgeraden. Wenn die so schnell
vorbeigehen wie die ersten drei, bin ich ruckzuck wieder zuhause. Das ist ein
ganz komisches Gefühl, so ständig das Ende vor Augen zu haben. Einerseits freue
ich mich auf zuhause, weil dann gleich wieder etwas Neues anfängt mit
Wohnungssuche und Studium und so weiter.
Und dann bekomme ich plötzlich wieder Panik, weil ich noch so viele Dinge nicht
gemacht, gekocht oder probiert habe.
Die Zeit ist jetzt auch
schon sehr vollgestopft. Letzten Donnerstag war ja Himmelfahrt mit Brückentag,
war ich mit meinen Schwestern nach Kalimantan, wieder einmal zum
Schnorcheln. Im Juni wollen wir mit der Familie zum Bromo (Vulkan in Ostjava).
Das könnte ich theoretisch gleich mit einem Besuch bei den anderen Freiwilligen
in Malang verbinden, die wollen wir im Juni nämlich auch noch besuchen. Alle
Reisen müssen blöderweise vor Juli ein, weil im Juli der Fastenmonat Ramadhan anfängt.
Das ist auch eine Zeit, auf die ich mich schon freue, das wird sicher eine sehr
interessante Erfahrung. Ich hoffe nur, dass sich da meine Arbeitszeiten ändern,
sonst bin ich nicht um sechs zum Fastenbrechen zu Hause. Idul Fitri erlebe ich
hier ja leider nicht mehr mit, das ist am 8./9. August. Ich fliege ja schon am
25. Juli heim. Das ist schade, dann sehe ich Niki gar nicht mehr.
Jetzt habe ich schon
wieder zu viel von Urlaub geredet. Man könnte meinen, ich sei ständig im
Urlaub. Das stimmt so nicht ganz, bei der Arbeit gibt es nur nicht immer so
viel zu erzählen.
Im IGTC herrscht jetzt
auch gerade eine große Aufbruchsstimmung: Mitte Juli sind zwei Klassen fertig,
Entrepreneur 2 und MMQ 23, quasi ‚meine’ beiden Klassen, die habe ich das ganze
Jahr begleitet, MMQ 23 war lange Zeit meine einzige Englischklasse. ENT 3 haben
schon ihr Final Project begonnen, jeder Schüler muss einem Trainer einen Blazer
und einen Rock bzw. eine Hose und ein Jackett nähen. Als Stoffe sind
traditionelle indonesische Stoffe vorgegeben, mein Blazer hat ein ziemlich
extravagantes Violett. Jetzt haben wir ständig Fittings im Lehrerzimmer,
dauernd wird irgendjemand vermessen oder muss etwas anprobieren.
MMQ 23 hingegen bereitet
sich auf die Jobsuche/-vermittlung vor, die jetzt beginnt. Fleißig werden
Lebensläufe geschrieben und Bewerbungsgespräche geübt. Ich weiß ja nicht, wie
das alles abläuft, aber da wir ja 100% Erfolgsquote bei der Arbeitsplatzsuche
haben, vermute ich, dass das Meiste über Beziehungen der Trainer zu ihren alten
Arbeitgebern läuft. Auf jeden Fall sind alle sehr aufgeregt.
MMQ 25, PPD 5 und PMF 17
hingegen haben jetzt Halbzeit, nächste Woche ist Semestertest. Das wird wieder ein
Spaß, ich mag Prüfer sein irgendwie (höhö, das klingt fies J ). Nein, wirklich, weil ich ja nur für die
Benotung des Englischs zuständig bin, lerne ich in den Präsentationen
inhaltlich ziemlich viel.
Meine sonstige Arbeit ist
ziemlich alltäglich, ich bereite Stunden vor und halte Stunden und wenn ich
nichts zu tun habe, finde ich auch eine Beschäftigung. Ich weiß nicht, ob ich
es schon geschrieben habe, aber seit der zweiten Halbzeit habe ich auch endlich
mehr Klassen, und ehrlich gesagt macht es mehr Spaß, MMQ 25 zu unterrichten als
MMQ23. In einer Woche hatte ich mal einen Rekord von sechs Slots (90 min),
Additionals nicht mitgerechnet. Das war fast schon stressig, zumal zwei Slots
davon Motivationsvorträge über meine Fechtkarriere waren, einer davon auf
Indonesisch. Jetzt ist es wieder weniger, weil MMQ 23 nicht so viel General
English hat und weil jetzt immer auch eine der Praktikantinnen unterrichtet.
Das Unterrichten läuft
ganz gut, ich hab fast schon Routine. Inzwischen macht meine Arbeit richtig
Spaß. Manchmal denke ich, es wäre schon schön, Lehrer zu werden, aber mein
ganzes Leben will ich das nicht machen und in Deutschland erst recht nicht.
Meine Tanzklasse ist auch
fleißig, ich habe jetzt eine kleine, aber motivierte Gruppe von ca. 10 Leuten,
die immer kommen und sogar fragen, wenn ich mal nicht da bin. Auch da bereiten
wir uns auf die Graduation im Juli vor, auf Auftritte sind die ja ganz wild.
Ich darf jetzt eine Choreographie zusammenstellen, das wird gar nicht so
einfach. Vermutlich ein Zusammenschnitt aus Tango, Walzer, Rumba, Disco Fox und
Cha-Cha-Cha. Jeweils die Grundschritte. Im Irish Dancing haben manche meiner
Mädels sich zwar auch nicht ganz unbegabt gezeigt, aber das ist für einen
Auftritt mitten im Ramadhan zu viel Gehüpfe.
Neulich war auch wieder
Factory Visit, was mich wieder einmal in meiner Abneigung zum Klamottenkauf
bestärkt hat. Die Arbeitsbedingungen sind hier zwar nicht so schlimm wie in
Bangladesch beispielsweise, aber manche Dinge schockieren dann doch. Die Fabrik
mit den leeren Erste-Hilfe-Kästen, die immer nur nachgefüllt werden, wenn der
Kunde einen Besuch abstattet, die Wäscherei ohne Abwasseraufbereitung, deren
Abwässer teils interessante Farben haben, die Arbeiter, welche die Jeans mit
Farbe und Chemikalien besprühen und dabei nur einen Mundschutz aus Baumwolle
tragen. Dieser Sprühprozess findet draußen an der frischen Luft statt, auch hier
natürlich geht das Abwasser einfach ins Gras. Und weil das alles ja so ungesund
ist, bekommen die Arbeiter zusätzlich zum Trinkwasserspender großzügigerweise
auch noch Milch, weil Milch ja so gesund ist.
Insgesamt kann man sagen,
dass ich mich jetzt sehr wohl fühle im IGTC und auch über kleine
Unorganisiertheiten oder Planungsprobleme kann ich hinwegsehen. Es läuft nicht
alles perfekt hier, aber ist es ein gutes Projekt. Wie Mr. Hans es neulich
ausgedrückt hat: „Man muss hier einfach auf der Welle reiten und das Chaos
ertragen.“
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