Lange herbeigesehnt und
dann doch schnell vorbei: Gerade waren für drei Wochen meine Eltern zu Besuch
bei mir in Indonesien.
Erstmal gingen der
Ankunft viele Wochen der Planung voraus, mit unzähligen E-Mails über alles
mögliche, von Zeitplanung über Kleidung und Gastgeschenke bis zum Verhalten am
Flughafen in Jakarta (Arrival Card nicht vergessen, Taxifahrer ablehnen etc.).
Auch in meiner Gastfamilie war die Aufregung groß. Was essen sie? (Alles, nur nicht
zu scharf), Wo schlafen sie? (In Pipits Zimmer, Mamah sagt auf keinen Fall im
Hotel, natürlich ist das keine zu große Belastung), Wie kommen sie nach Bogor?
(Hafiz nimmt sich frei um sie abzuholen)
Ich persönlich hatte ein
wenig Bedenken. Wie würde es werden, sich plötzlich nach sieben Monaten
wiederzusehen? Würde ich Heimweh bekommen? Würde es komisch sein, plötzlich
zwei Familien zu haben? Würden sich meine beiden Familien verstehen? Aber dann
stellten sich alle diese Bedenken als völlig unbegründet heraus. Irgendwie war
es ganz normal, dass meine Eltern plötzlich in Indonesien waren.
Die erste Woche wollten
wir zusammen in Bogor verbringen, weil meine Gasteltern und Pipit leider erst
später von ihrer Reise nach Mekka zurückkamen. Am Dienstag nach Ostern kamen
die Beiden also nachmittags in Jakarta an. Für den Mittwoch hatten Meidy und
ich uns freigenommen, es stand die Bogor-Tour auf dem Plan, mit der Einführung
„Wie fahre ich Angkot bzw. Bus? Was ist ein Kaki Lima? Wo kaufe ich in Bogor
billige Kleidung? Was tragen indonesische Hausfrauen? usw.“ und dem Vormittag
im Botanischen Garten (so ziemlich die einzige Attraktion Bogors, aber dafür
macht er schon was her).
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Meidy, Mama und ich im botanischen Garten |
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Blutender Baum im botanischen Garten |
Donnerstag und Freitag
musste ich arbeiten, also haben die Eltern ihre Abenteuer ohne mich mit Meidy
und Hafiz erlebt, u. a. die Wanderung zum Krater von Mount Salak im strömenden
Regen (Wasser bis zur Hüfte) und der Besuch der großen Moschee in Jakarta. Und
natürlich wollten sie auch meine Arbeitsstelle besuchen und mich beim
Unterrichten sehen.
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Patschnass am Krater des Salak |
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Ein seltener Anblick: kein Smog in Jakarta; Blick von Monas (Monumen Nasional) |
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Auf diese Trommel (in der großen Moschee in JKT) hat schon Angela Merkel geschlagen!
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Am Sonntag kamen dann
endlich Mamah, Bapak und Pipit nach Hause und es stellte sich heraus, dass alle
Sorgen unbegründet waren. Irgendwie stimmte die Chemie und wir waren uns alle
einig: Es fühlt sich an als kennen wir uns alle schon ewig.
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Im sundanesischen Restaurant; von vorne links im Uhrzeigersinn: Bapak, Papa, Ka Hafiz, Mamah, Ka Meidy, ich, Ka Pipit, Mama, Ka Nuni, Yuli |
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Vater versucht sich am Gongschmieden |
Die folgende Woche hatte
ich frei, und bis Mittwoch waren wir mit der Familie unterwegs. Besucht haben
wir u.a. noch einen botanischen Garten in den Puncak- Bergen (20°C, ich habe
gefroren, Mama und Papa fanden es warm), eine Gongfabrik, einen Kratersee und
Teeplantagen bei Bandung, und den Markt in Bogor, inklusive Kochkurs mit Mamah.
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Gongfabrik |
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Kawah Putih, ein Kratersee bei Bandung, mit Nuni und Bapak |
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Teeplantagen bei Bandung |
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Markt mit Mamah |
Danach sind wir zu dritt
mit dem Zug nach Yogyakarta (Zentraljava) gefahren, um das
Pflicht-Touristenprogramm abzuarbeiten: Die Tempel Borobudur und Prambanan,
Wahrzeichen Indonesiens, und Batik-Shoppen in einer der Batik-Hauptstädte
Indonesiens. Mir kam wieder die Aufgabe zu, mit den Straßenhändlern und
Becak-Fahrern (Fahrradrikschas) zu verhandeln, was mir Riesenspaß gemacht hat.
Wenn man sich mal ans Feilschen gewöhnt hat, macht das fast süchtig.
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Handgemalte Batik |
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Becak |
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Borobudur |
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Prambanan |
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Gamelan-Orchester im Sultanspalast in Yogya |
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Wir drei im Sultanspalast |
Nach den drei Tagen Yogya
musste ich wieder zurück zur Arbeit, Mama und Papa sind nach Bali
weitergeflogen. Indonesienurlaub ohne Bali geht dann doch nicht. Das letzte
Wochenende haben sie dann nochmal bei uns in Bogor verbracht, bevor sie Sonntagnacht
von Jakarta aus zurückgeflogen sind.
Natürlich haben wir in
der Zeit auch sehr viel verschiedenes Essen ausprobiert, alle meine
Lieblingsspeisen: Bubur Ayam (Reisporridge mit Huhn, für mich ohne), Soto Ayam
(auch ohne Ayam), Rendang, Gorengan, Martabak, Tempe in allen Variationen, und
natürlich alle Obstsorten. Ich verspreche, nochmal eine Fotostrecke über Essen
zu machen. Wir haben beim Kaki Lima gegessen, in typisch Sundanesischen
Restaurants und auf Strohmatten auf der Straße. Das war auch für mich neu: Weil
Yogyakarta eine Studentenstadt ist, gibt es dort viel Nasi Kucing,
„Katzenreis“. Das ist eine Reisportion mit einem winzigen Löffel voll Beilage,
für umgerechnet 20 Cent, weil Studenten ja sparen müssen. Bules sieht man an
solchen Plätzen keine, normale Touristen würden sich vermutlich nicht trauen,
auf der Straße zu essen. Da verpassen sie ganz schön viel.
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Nasi Kucing |
Manchmal war es witzig
mit der Verständigung. Weil Mamah ja kein Englisch kann, musste ich immer die
Unterhaltungen zwischen Mama und Mamah übersetzen. Das konnte auch mal ziemlich
lange dauern. Sonstige Unterhaltungen liefen in einem Gemisch aus Englisch,
Deutsch und Indonesisch ab, sodass man nie ganz den Durchblick hatte, wer
gerade dem Gespräch folgen konnte und wer nicht. Das führte besonders bei
Planungen oft für Verwirrungen bei Mama und Papa, weil ich vergessen hatte, den
aktuellen Stand zu übersetzen. Und dann kam natürlich Verwirrung bei den Namen
auf: „Mama! Nein, ich meine die andere!“. Bei Papa und Bapak ging das ein
bisschen besser.
Insgesamt waren meine
Eltern der Meinung, es habe sich weniger wie eine Urlaubsreise angefühlt und
mehr wie ein großes Familientreffen. Meiner indonesischen Familie und mir ging
es da nicht anders. Irgendwie war es ganz normal, dass sie allen da waren. Und
jetzt hoffen wir natürlich, dass das nächste Familientreffen in Deutschland
stattfindet. Jetzt, wo meine deutschen Eltern mein indonesisches Leben kennen
gelernt haben, müssen meine indonesischen Eltern auch mein deutsches Leben
kennenlernen. Hoffentlich nicht erst, wenn ich heirate.
Mamah hatte ein bisschen
Angst, dass ich zu traurig bin, wenn meine Eltern wieder abfahren und dass ich
dann auch direkt nach Hause will. Aber ich glaube, die anderen waren teilweise
trauriger als ich. Schließlich weiß ich, dass wir uns schon in drei Monaten
wiedersehen werden. Ich genieße jetzt die letzten Monate noch hier mit meiner
indonesischen Familie.
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