Montag, 29. Oktober 2012

Ein Wochenende voller Abenteuer


Idul Adha
Idul Adha (bzw. Eid al-Adha) ist einer der zwei großen muslimischen Feiertage. Der andere ist Idul Fitri, das Fest nach Ramadhan. Eigentlich ist Idul Adha der wichtigere Feiertag, aber wie bei uns Weihnachten  meist größer gefeiert wird als Ostern, ist Idul Fitri hier größer.
Idul Adha, das Opferfest, erinnert daran, dass der Prophet Ibrahim (Abraham bei uns) von Gott den Befehl erhielt, seinen Erstgeborenen zu opfern. Das war jedoch nur ein Test seiner Ergebenheit, und als Ibrahim bereitwillig seinen Sohn töten wollte, fand er statt seines toten Sohnes ein geschlachtetes Schaf. Deshalb opfert an Idul Adha jede Familie, die es sich leisten kann, ein Tier. Das Fleisch geht zu einem Teil an die Familie, zu einem Teil an die Verwandten, und zu einem Teil an die Armen. In Deutschland ist es bei Muslimen anscheinend üblich, das Fleisch in Dosen zu kaufen und in ärmere Länder zu schicken, weil es nicht genügend Menschen in Deutschland gibt, die sich sonst kein Fleisch leisten könnten.
Am Donnerstag wurde in Vorbereitung auf den Feiertag gefastet, mein erstes muslimisches Fasten. Also sind wir morgens/nachts um drei aufgestanden, um zu frühstücken. Bis ca. halb fünf hat man Zeit zu essen und zu trinken. Abgesehen davon, dass ich um drei Uhr morgens absolut keinen Hunger hatte, war es schön, weil die ganze Familie zusammen gegessen hat. Danach bin ich nochmal ins Bett, weil ich an dem Tag nach Jakarta musste, um mein Visum zu verlängern. Es ist erstaunlicherweise gar kein Problem, einen Tag lang nichts zu essen. Die anderen Freiwilligen haben immer versucht, Rücksicht zu nehmen und sich entschuldigt, dass sie vor mir Mittag gegessen haben, aber irgendwie war es gar nicht so schlimm. Schlimmer war es, nichts trinken zu dürfen. Spätestens ab vier Uhr habe ich alle zehn Minuten auf die Uhr geschaut. Wann ist es endlich sechs, wann darf ich endlich trinken? Aber ich habe es tatsächlich geschafft und war dann ziemlich stolz auf mich. Ich hätte nicht gedacht, dass ich es durchhalte, schon gar nicht in Jakarta (meine Gastfamilie hätte es glaube ich auch nicht gedacht). Das nächste Abenteuer war der Pendlerzug nach Hause, zur Rush Hour. Neunzig Minuten lang ist man nicht in der Lage sich auch nur umzudrehen...
Am Freitag war dann der eigentliche Feiertag. Morgens um fünf habe ich mich zusammen mit Pipit, Hafiz, Nuni und Meidy auf den Weg nach Sukabumi gemacht. Der Rest der Familie war schon am Donnerstag gefahren. Eigentlich wollten wir zum Gebet schon bei der Familie sein, das haben wir dann aber nicht ganz geschafft. Stattdessen mussten wir auf dem Weg anhalten. Um halb sieben hat der Gottesdienst angefangen, auf einer Art Fußballfeld vor der Moschee (drinnen wäre für so viele Leute auch gar kein Platz gewesen).
Zur Feier des Tages habe ich übrigens eine Kopftuch getragen, und ich habe nur Komplimente dafür bekommen. Ausnahmsweise war ich keine Barbie, sondern eine Türkin, das andere Schönheitsideal.
Nachdem wir in Sukabumi angekommen waren, ging es zum Schlachthaus. Meine Familie hat einen riesigen Ochsen schlachten lassen. Vielleicht war der Anblick für mich leichter zu ertragen, weil ich Vegetarierin bin. Meidy hat letztes Jahr nach Idul Adha mehrere Monate lang kein Fleisch essen können.
unsere Kuh. vorher...

... und nachher.

Dann war das große Familientreffen, alle haben sich im Haus der Großmutter versammelt. Dagegen sind unsere Familienzusammenkünfte gar nichts. Mein Gastvater hat neun Geschwister und meine Schwestern konnten mir nicht von jeder Tante oder Cousine den Namen sagen.
Es war auf jeden Fall schwierig zu überblicken, wer wer ist oder wer zu wem gehört.

Ujung Genteng
Am Samstagmorgen sind Pipit, Hafiz, Nuni, Meidy und ich weiter zum Strand gefahren. Ujung Genteng ist ein wunderschöner Strand, aber erstmal mussten wir ca. vier Stunden fahren. Es ging durch die Berge, die Straße ist nichts für empfindliche Mägen. Rauf, runter, rehcts, links, und Hafiz ist meist nicht gerade langsam gefahren. Aber die Aussicht war es wert. Mal ging es durch Plantagen (Tee, Kokos, aber auch Palmöl), manchmal durch wunderschöne Wälder.
Um die Mittagszeit waren wir am Meer. Das Cottage, in dem wir übernachtet haben, war perfekt. Direkt am Meer und in traditioneller Bauweise, also mit Fußboden und Wänden aus Bambus geflochten. Als Ferienhaus war es  super, mit zwei Schlafzimmern, Bad (traditionell, sprich Stehklo und Schöpfkellendusche) und Kochgelegenheit. Allerdings muss man hier eigentlich nicht kochen, schließlich kann man immer leckeres Essen beim Kaki Lima kaufen. Und der Fußboden war bequemer als das Bett.



In Ujung Genteng kann man nicht wirklich schwimmen, weil die Wellen viel zu hoch sind und die Strömung ziemlich gefährlich ist. Aber die eigentliche Attraktion ist die Schildkrötenstation. Meeresschildkröten kommen zum Eierlegen nach Ujung Genteng. Damit die Eier nicht gestohlen werden, graben die Leute von der Schildkrötenstation sie aus und lassen sie an einem geschützten Ort schlüpfen. Am Samstag haben sie 120 kleine Babyschildkröten ins Meer freigelassen. Sehr süß, wie sie alle auf das Meer zuwatscheln.
inzwischen sind die Schildkröten leider eine ziemliche Attraktion
Eigentlich wollten wir warten, ob nachts eine Schildkröte zum Eierlegen kommt, aber es kam keine, und so sind wir zurück in unser Cottage.
Am Sonntagmorgen konnten wir doch noch baden, aber eben nur am Rand, und man musste ziemlich aufpassen, dass man nicht zu weit raus getrieben wurde.
Auf dem Rückweg waren wir noch bei einem Wasserfall, dann haben wir uns auf den langen Heimweg gemacht. Nur hat es diesmal keine vier Stunden gedauert, sondern sieben, wir standen eine Ewigkeit im Stau. Es war ein kleiner Schock, nach so viel Natur plötzlich wieder in der überfüllten Stadt zu sein. Aber es hat auf jeden Fall gut getan, mal für ein Wochenende weniger Autos, weniger Werbung und weniger Menschen zu sehen.

Dienstag, 16. Oktober 2012

Ein paar Fotos

Straßenhändler - Man kann eigentlich alles an der Straße kaufen, auch Kinderschaukeln

Angkot

Kaki lima 

Toll road - hier warte ich jeden Morgen auf das office car

Fahrradfahren auf indonesisch - vollverschleiert gegen die Abgase (v.l.n.r.: Ich, Nuni, Pipit)

Mein geliebter Transpakuan

Sonntagsfrühstück: Tofu, Gemüse, Teigtaschen, diverse Chilisoßen, Ei mit Chili, Lontong (gepresster Reis)
Unser Haus - Beschreibung: 'Das Grüne da'

Gemüseacker, außerhalb unseres Wohngebiets
Typisch: Werbung für Immobilien und für Englischkurse
Botanischer Garten: Maximum zehn Personen
Ja sicher.
Kiosk

Warung
Das Braune sind Hühnerkäfige

Ein schlecht aus dem Auto raus fotografierter Sonnenuntergang. Zum Glück sind die hier jeden Tag so schön (außer wenn es schüttet)







Mittwoch, 10. Oktober 2012

Essen


Immer ein wichtiges Thema. Die gute Nachricht ist, ich schaffe es überwiegend, Vegetarier zu bleiben. Die schlechte, ich glaube, ich werde hier fett J.
Fleisch ist sowieso teurer also Gemüse, also war es kein Problem, meiner Familie zu erklären, dass ich kein Fleisch esse. Zumal es so gute Alternativen gibt.  Eines der indonesischen Hauptnahrungsmittel, das eigentlich bei fast bei jedem Essen dabei ist, ist Tofu. Und hier schaffen sie es auch tatsächlich, dass es nach etwas schmeckt! Das andere wichtige Essen ist Tempeh. Es besteht ebenfalls aus Sojabohnen, aber die sind noch ganz und fermentiert. Das ist dann eine Art Käse mit Sojabohnen drin. Schwer zu beschreiben. Tempeh ist ein traditionell indonesisches Gericht, aber der Verbrauch ist so hoch, dass die Sojabohnen mittlerweile aus den USA importiert werden müssen.
Das allerwichtigste Nahrungsmittel ist natürlich Reis. Morgens, mittags und abends. Na ja, morgens mache ich mir meistens Toastbrot, weil ich nicht so viel Zeit habe. Aber am Wochenende gibt es schon mal Nasi Goreng zum Frühstück, also gebratenen Reis. Womit wir beim nächsten Thema wären: „goreng“, der Grund, warum ich fett werde. „Goreng“ bedeutet frittiert. Es gibt hier unheimlich viel frittiertes Essen. Es schmeckt zwar genial, vor allem wenn man dazu noch eine scharfe Erdnusssauce isst, aber natürlich ist das nicht gerade eine der gesündesten Zubereitungsarten. Obwohl, andererseits, manchmal vielleicht auch die sicherste für europäische Mägen. Die beste Art, frisches und vor allem billiges Essen zu bekommen, ist nämlich bei einem „Pedagang kaki lima“ (fünfbeiniger Straßenhändler). Die verkaufen meist ein bestimmtes Gericht aus einem kleinen Karren. Und da man da nie so ganz sicher sein kann, wie sauber der Stand ist, ist frittieren vielleicht die sicherste Zubereitung, wenn man noch keinen so starken Magen hat. Und wahrscheinlich ist es auch gut, Vegetarier zu sein, ich weiß nicht, ob so ein Stand Kühlmöglichkeiten für Fleisch hat.
Ungewöhnlich ist auch die Tatsache, dass man hier Käse nicht mit Brot oder in salzigen Gerichten isst, sondern gerieben auf Süßspeisen, z.B. auf gegrillten Bananen, zusammen mit Schokostreuseln. Ist gewöhnungsbedürftig, schmeckt aber eigentlich gut (und das von mir, die ich doch gar keinen Käse mag J ).
Na ja, und von den Früchten habe ich euch ja schon vorgeschwärmt. Manche Früchte isst man hier übrigens auch mit scharfer Erdnusssauce, wenn sie noch nicht ganz reif und noch eher säuerlich sind.
 Witzig ist, dass sich manche Indonesier nicht vorstellen können, dass Europäer auch Reis essen. Meine Schwestern werden öfters gefragt, ob ich denn Reis essen kann. Sie antworten dann, dass ich schon ein richtiger orang Sunda bin (ein Großteil der Bevölkerung Westjavas ist sundanesisch). Das bedeutet, ich esse scharfes Essen und Reis und ich trinke Tee ohne Zucker. Bahasa Sunda kann ich aber kein Wort.

Indonesische Namen und Höflichkeit


Namen sind eine schwierige Sache in Indonesien. Man hat nicht einen Vornamen und einen Nachnamen, sondern beliebig viele Namen, Familiennamen gibt es nicht. Das kann zu großen Problemen führen, zum Einen, weil man nie weiß, wie man jemanden nennen soll. Meine Schwester heißt zum Beispiel Meidy Rahma Dhana. Bei uns würde man sie wahrscheinlich Frau Dhana nennen. Hier kennt man sie unter dem Namen Meidy, aber in der Familie heißt sie Rahma. Zum Anderen haben manche Leute nur einen Namen. Hafiz hat mir von einem seiner Kollegen erzählt, der einfach nur Ronal heißt. Was macht er, wenn er einen Nachnamen angeben muss? Er gibt einfach zweimal den gleichen Namen an, deshalb heißt er jetzt Ronal Ronal.
Schwierig ist es auch, wie man wen anspricht. Die höflichste Form ist Ibu/Bu (Mutter) bzw. Bapak/Pak (Vater). So wird man normalerweise ab ca. 30 genannt. Unsere Head of Education heißt zum Beispiel Bu Pratiwi, also Frau Pratiwi. In IGTC nimmt man immer die Höflichkeitsform, deshalb wurde ich den anderen Lehrern als Ibu Rosa vorgestellt. Schon komisch.
Jüngere Leute nennt man in Java meist Mas bzw. Mbak, also Bruder bzw. Schwester. Hier ist jeder Familie J.
Auch zu Hause ist das mit der Anrede nicht so einfach. Die älteren Geschwister nennt man Kakak oder Kak, also z.B. Kak Pipit. Die jüngeren Geschwister werden Adik bzw. Dik genannt, also z.B. Dik Rahma.
Bei Bina Antarbudaya nennt man einfach jeden Kak, egal wie alt. Das ist von Einrichtung zu Einrichtung verschieden.
Wie ihr seht, nimmt man für die Anrede den Rufnamen bzw. einfach den ersten Namen. Das führt dann manchmal zu für uns lustigen Ergebnissen: Der Gründer von IGTC ist ein Deutscher, Till Freyer. Wir würden ihn ja Herr Freyer nennen. Hier heißt er Mr. Till.
Die Sache mit den Anredeformen ist nicht so einfach, man weiß nie so genau, welche Anrede am höflichsten ist. Aber ich denke, das kommt mit der Zeit, dass ich es besser einschätzen kann.

Öffentliche Verkehrsmittel


Ja, der Verkehr in Indonesien, ein Abenteuer für sich. Ich bin froh, dass AFS mir verbietet, jegliches Fahrzeug zu fahren, das einen Motor hat. Ich würde nach einer Minute den ersten Unfall bauen. Zum Glück gibt es ein großes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln. Züge gibt es nicht so viele, nur die Pendlerzüge nach Jakarta. Und die sind für ihre Überfüllung berüchtigt. Seit Anfang Oktober gibt es auch speziell für Frauen reservierte Züge. Vorher gab es nur zwei Wagons pro Zug für Frauen. Diese Frauenabteile gibt es auch in manchen Bussen, allerdings nicht in dem, den ich benutze. Der Transpakuan kostet Rp 4 000 pro Fahrt (1€ entspricht ca. Rp 11 000). Das ist der teure Bus. Im billigeren darf man rauchen und anscheinend auch Tiere mitnehmen (also Hühner usw.). Den habe ich aber noch nicht ausprobiert. Im Transpakuan ist es wichtig, dass man dem Schaffner genau zuhört, wenn er die Haltestellen ansagt. Wenn man schläft und sich nicht meldet, dass man aussteigen will, hält der Bus nicht an.
Das nächste wichtige Verkehrsmittel ist das Angkot, eine Art Sammeltaxi mit fester Route. Ich kenne mich mit den Angkotnummern aber noch nicht so gut aus, weil ich normalerweise nicht damit fahre. Angkots haben keine Haltestellen. Wenn man einsteigen will, stellt man sich an den Straßenrand und winkt. Beim Aussteigen ist es genauso: Man kann überall aussteigen, man ruft einfach „Kiri!“ („links!“). Bezahlt wird beim Fahrer, der Preis beträgt Rp 2 000. Am meisten Spaß macht das Ojek. Das sind Motorrollertaxis. Wenn irgendwo an einer Straßenecke eine Gruppe Männer mit Motorrollern steht, sind es meist Ojeks. Ojeks sind am teuersten, je nach Strecke kosten sie ab Rp 5 000 aufwärts. Dafür geht es auch recht schnell.
Wie ihr seht, ist der ÖPNV hier ziemlich billig. Natürlich ist der Komfort geringer, Angkots haben beispielsweise keine Tür und man muss die ganze Zeit die Abgase einatmen. In den Transpakuan regnet es manchmal rein und ich habe es auch in Deutschland noch nie erlebt, dass der Bus mitten auf der Strecke zur Tankstelle musste. Das passiert mir hier fast täglich. Aber mir persönlich ist es lieber, auf Komfort und automatische Türen zu verzichten und dafür statt 2,40€ nur 30ct zu zahlen J. 
Einmal sind meine Schwestern und ich auch schon mit dem Fahrrad gefahren. Das ist ziemlich nervenaufreibend in dem Verkehrschaos und man sollte eine Atemmaske tragen, aber ich glaube, ich will es trotzdem öfters machen, bis jetzt habe ich hier nämlich noch keinen Sport.
Was mir hier sehr gut gefällt, ist, dass es in den meisten großen Städten jeden Sonntag auf mindestens einer der Hauptverkehrsstraßen ein Autoverbot gibt. Da kann man dann Rad fahren oder spazieren gehen und natürlich gibt es einen Haufen Straßenhändler. Leider sind das in Bogor nur zwei Stunden, von sieben bis neun Uhr morgens und das auch nur auf einer Straße.