Mittwoch, 20. März 2013

Ketupat - Session

Ketupat ist gepresster Reis, der in geflochtenen Kokospalmenblättern gekocht wird. Das heißt, man kocht ihn so lange bis er Matsch ist und weil er sich in dem Gefäß nicht ausdehnen kann, wird er zusammengepresst. Das Ganze hat dann eine leicht gummiartige Konsistenz und wird zusammen mit Gemüse gegessen. 
Normalerweise kaufen wir Ketupat, weil das Flechten ein bisschen aufwändig ist. Aber letzten Sonntag wollten wir es doch mal lernen. Wenn man es mal raushat, ist es gar nicht mehr so schwer. 




Geschafft!
kleine Kunstwerke, schade, dass man sie zum Essen aufschneiden muss

Die fertigen Formen werden mit Reiskörnern gefüllt

Das Ergebnis: lecker!

Mittwoch, 13. März 2013

"Oh mein Gott die haben Gehwege!"


Und ich muss es nochmal sagen: Hach, wie die Zeit vergeht. Jetzt ist es auch schon wieder eine Woche her, dass ich aus Malaysia zurückgekommen bin. Und vor sechs Monaten und einer Woche hat mein Indonesien-Abenteuer angefangen.
Auf jeden Fall mussten wir nach 180 Tagen das Land verlassen und ein neues Visum beantragen. Also sind wir Bogor-Leute (Ruben, Laura, Tina, Britta und ich) zusammen mit Mathias aus Jakarta gemeinsam nach Kuala Lumpur geflogen. Dort trafen wir dann mit den Malang-Leuten zusammen, also Jenny, Leonie und Flo. Wir waren super untergebracht in einer gemütlichen und zentral gelegenen Jugendherberge, direkt in Chinatown. Mit dem Visum gab es überhaupt keine Probleme, am Montag die Dokumente abgeben und nochmal 40€ zahlen, am Dienstag die Pässe abholen. Dienstagnacht sind wir weiter nach Penang gefahren, um andere deutsche Freiwillige zu besuchen. Georgetown ist eine sehr schöne Stadt zum einfach nur herumlaufen. In Malaysia geht das nämlich, es ist unglaublich, wie enthusiastisch man allein durch das Vorhandensein von Dingen wie Gehwegen oder Mülleimern werden kann. In Georgetown haben wir sogar einen Fahrradweg entdeckt!

Meine Malaysia-Highlights:
-       Die Gehwege!!
-       Es ist sauberer
-       Es gibt weniger Stau, nur zu Stoßzeiten, wie in normalen Großstädten eben
-       Der Kulturmix, es gibt viele Chinesen und viele Inder, dadurch natürlich auch eine größere Religionsvielfalt, viele schöne Tempel und Moscheen (auch Kirchen, aber die sind weniger interessant)
-       Meterhohe Räucherstäbchen vor einem Tempel
-       Little India, besonders Klamotten, Schmuck und vor allem Essen. Ich habe mich fast die ganze Woche nur von Chapati ernährt.
-       Street Art in Georgetown

Malaysia-Nachteile:
-       Es ist teurer (1€ für die U-Bahn und 3€ für ein Essen, ja spinnen die denn?!)
-       Die Taxifahrer sind unfreundlich. Einer wollte partout sein Taxameter nicht einschalten, und als ich darauf bestanden habe, weil er das Dreifache des eigentlichen Preises verlangt hat, wurde er ausfällig und hat mich rausgeworfen.
-       Die Busfahrer auch. Siehe weiter unten.
-       Die Freiwilligen wohnen nicht in Gastfamilien, sondern entweder im Projekt oder in WGs. Den Meisten ist das ganz recht, aber ich bin im Nachhinein froh, dass ich nicht dahin gekommen bin. Ich wohne lieber in einer Gastfamilie, da kriegt man auch mehr mit.

Drachentanz in Chinatown

Gebäude in KL, vorne ist glaube ich das Ministerium für Kommunikation

Gegensätze in KL


Fachwerkhäuser? Juhu, ich bin zu Hause!

Street Art in Penang

Petronas Towers in KL

Ein Wald mitten in der Stadt!

Unser aller Lieblingsplatz



Meterhohe Räucherstäbchen








Hindutempel

Der Beweis!


Am Wochenende sind wir dann noch spontan nach Singapur gefahren, von Penang aus zehn Stunden über Nacht. Das wäre ja alles wunderbar gewesen und unser Reisebus war wirklich toll, hätten wir nicht an der Immigration etwas länger gebraucht. Als wir fertig waren, war unser Bus weg und wir durften morgens um sechs mit dem ÖPNV von der Grenze zu unserem Hostel fahren.
Singapur ist ein kleiner Schock, wenn man Jakarta gewöhnt ist. In der „Fine City“ ist es geschleckt sauber, aber es ist ja auch alles verboten, und überall hängen Überwachungskameras. Plötzlich sieht man überall Reichtum, und Menschen mit schockierend kurzer Kleidung. Länger als ein Wochenende kann man sich da nicht aufhalten, alles ist viel zu teuer. Aber es ist auf jeden Fall einen Besuch wert, allein die Skyline in der Marina Bay bei Nacht. Wir hatten auch das unglaubliche Glück, dass vor dieser wunderbaren Kulisse am Wochenende jeden Abend kostenlose Konzerte von lokalen Bands stattfinden, in unserem Fall Ska- und Reggaebands. Gute Musik in großartiger Atmosphäre.


Nur eine von vielen Kameras

Fahrräder mit Parkkralle?


Die Reise hat mir wirklich gut getan, es war gut, einfach mal rauszukommen und noch einmal Zeit mit den anderen Freiwilligen zu verbringen. Aber ich war auch froh, wieder heimzukommen nach Bogor.
Jetzt kann ich wieder mit frischer Energie in meine Arbeit starten, die zweite Halbzeit wird noch besser als die erste.

Das Problem mit dem System

In meinem letzten Post habe ich etwas angesprochen, das ich nicht einfach unerklärt so stehen lassen kann. Mir ist im letzten halben Jahr immer wieder aufgefallen, dass hier viele Schüler Probleme mit selbständigem, strukturiertem und kritischem Denken Probleme haben.
 Das äußert sich beispielsweise in Präsentationen über Themen wie Menschenrechte oder Umweltschutz. Meistens lesen sie dann nur eine quelle aus dem Internet vor, ohne sich dazu eine eigene Meinung zu bilden oder gar Quellen zu vergleichen. Und was mich immer wieder schockiert, ist, dass niemand sich dafür zu interessieren scheint, was gerade in der Welt vorgeht. Kurz nach der US - Präsidentschaftswahl hat eine Lehrerin gefragt, wie denn Obamas Konkurrent hieß. Keiner wusste es. Dann hat sie gefragt, wer Justin Biebers Freundin ist. Alle wussten es. Tja, man muss eben Prioritäten setzen... Außerdem haben sie oftmals Schwierigkeiten bei den berüchtigten Transferaufgaben. Die verschiedenen Sorten von Reißverschlüssen können mir alle herbeten, aber bei der Anwendung von Wissen und eigenständigem Schlüsseziehen hakt es oft noch.

Damit möchte ich auf keinen Fall sagen, dass alle Indonesier dumm sind. Nein, das Problem ist, dass die Schüler nie gelernt haben, selbständig zu denken.

In Indonesien kann man nach zwei Minuten Unterhaltung bereits sagen, ob das Gegenüber arm oder wohlhabend ist. Nicht am Aussehen, nicht an der Kleidung, nur an der Sprache. Die Reichen können nämlich englisch. Das Schulsystem hier funktioniert leider so, dass nur die gut sein können, die sich die teuren Extrakurse leisten können. Deswegen gehen schon Vorschulkinder zum Englischkurs. Wer es sich nicht leisten kann, hat Pech gehabt. Die Lehrer sind schlecht bezahlt und oft auch schlecht ausgebildet. Die extrem festgeschriebenen Lehrpläne erlauben so gut wie keine Zeit für Nachfragen, zusätzliche Erklärungen oder zusätzliche Übungen. Wenn man nachfragt, fährt einem der Lehrer über den Mund: „Hast du etwa nicht zugehört?“ Deswegen habe ich hier auch immer wieder Probleme mit stummen Klassen. Es kommen keine Nachfragen, wenn etwas unklar ist, und ich habe keine Ahnung, ob die Schüler mich verstehen oder nicht.  Das kann einen ziemlich aufregen.
Die Sache mit dem strukturierten und kritischen Denken ist ähnlich. In der Schule ist vor allem Bulimie-lernen angesagt: Reinstopfen und rauskotzen. Es wird wenig Wert gelegt auf vernetztes Denken, eigenständiges Arbeiten oder gar auf die Äußerung einer eigenen Meinung.
Die Sache mit der Meinung ist natürlich auch ein bisschen kulturell bedingt. Alles strebt nach Harmonie, und weil Meinung und Person untrennbar miteinander verbunden sind, finden kontroverse Diskussionen, so wie wir sie kennen (und lieben), meist gar nicht erst statt. Eine entgegengesetzte Meinung zu äußern wäre ja eine Beleidigung der anderen Person. Das ist für einen Menschen wie mich, der für sein Leben gern diskutiert, natürlich schwierig. Der westliche, direkte Kommunikationsstil wird hier oft als extrem unhöflich empfunden.
Und dann ist da noch die Sache mit dem Interesse am Weltgeschehen. Die Politikverdrossenheit ist ja noch einfach nachzuvollziehen. Ich wäre auch frustriert, wenn die einzigen Nachrichten aus der Politik die neuesten Korruptionsskandale sind. Da können wir in Deutschland mit unseren Skandälchen einpacken. Hier ist es eine Sensation, wenn ein Politiker mal nicht korrupt ist. Aber auch vom Superstorm Sandy hatte keiner der Schüler gehört. Ich kann nicht glauben, dass die große Mehrheit an Indonesiern dumm und uninteressiert ist. Ich kann mir die ganze Sache höchstens historisch versuchen zu erklären. Unter der holländischen Kolonialherrschaft war Bildung für die Massen natürlich unerwünscht. Und dann, kurz nach der Unabhängigkeit, kamen ja auch schon die Jahre der „gelenkten Demokratie“ unter Suharto. Dieser ließ erst mal fast eine Million Kommunisten, angebliche Kommunisten und eventuell mit Kommunisten in Verbindung Stehende umbringen. Danach hatte er dreißig Jahre lang ein Auge auf die Presse. Die ersten von der Weltgemeinschaft anerkannten freien Wahlen fanden erst 2004 statt. Viele Indonesier sind es wohl einfach nicht gewöhnt, freien Zugang zu Informationen zu haben. Außerdem stammen einige der Lehrmaterialien in den Schulen auch noch aus der Suharto-Ära.
Bei der Gelegenheit möchte ich auf eine gute Sammlung von Texten zur indonesischen Vergangenheit und Gegenwart hinweisen: http://www.bpb.de/apuz/75757/indonesien 

Das ist nur meine persönliche Sichtweise auf die Dinge. Natürlich ist es sicher auch so, dass sich viele Indonesier Zeitungen, Fernsehen oder Internet nicht leisten können. Allerdings haben die Schüler im IGTC alle Möglichkeiten, und die oben beschriebenen Erfahrungen habe ich größtenteils mit der Klasse aus den reichen Familien gemacht.
Auf jeden Fall weiß ich es jetzt wirklich zu schätzen, was wir in Deutschland für Möglichkeiten haben. Und an alle, die noch in der Schule sind: Genießt es, ihr wisst gar nicht, wie gut ihr es habt. Ihr würdet es vermissen.